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Zentrum Kreuzberg

Mitten im Herzen von Kreuzberg, einem der lebendigsten Viertel Berlins, steht ein Gebäude, das mit dieser Umgebung wenig gemeinsam hat: das Neue Kreuzberger Zentrum (NKZ). Statt urbaner Vielfalt strahlt der zwölfstöckige Betonkomplex vor allem Tristesse aus. Graue Fassaden, dunkle Durchgänge und eine unübersichtliche Struktur sorgen für eine abweisende Atmosphäre. Besonders kurios: Irgendwann kam jemand auf die Idee, den wuchtigen Klotz knallgelb anzustreichen – als ob das seine klobige Präsenz auflockern könnte.

Das Zentrum eines Szeneviertels sollte eigentlich ein offener, einladender Ort sein – das NKZ ist das Gegenteil. Anwohner meiden das Gebäude, Touristen sind irritiert, dass dies einer der zentralen Punkte Berlins sein soll. Über Jahrzehnte hinweg war das NKZ als sozialer Brennpunkt bekannt: Drogenhandel, Kriminalität und Verwahrlosung prägten das Bild. Bewohner berichten von Messerstechereien in den Treppenhäusern und Junkies in den Laubengängen. Der Ruf des Gebäudes war so miserabel, dass der damalige CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky Ende der 90er Jahre vorschlug, das NKZ zu sprengen – eine radikale Idee, die zeigt, wie negativ das Image lange Zeit war.

Zwar gab es in den letzten Jahren Bemühungen, die Situation zu verbessern. Videoüberwachung, gesicherte Eingänge und künstlerisch gestaltete Treppenhäuser sollten die düstere Vergangenheit in den Hintergrund rücken. Gewerberäume wurden an Künstler und Zwischennutzer vergeben, um das Areal zu beleben. Doch trotz dieser Maßnahmen bleibt das Grundproblem bestehen: Das NKZ ist ein städtebaulicher Fremdkörper, der Kreuzberg mehr belastet als bereichert.

Die Frage ist: Warum sollte Berlin an einem solchen Fehler festhalten? Denkmalschutz hin oder her – ein Abriss oder eine grundlegende Neugestaltung wären eine enorme Chance, diesen zentralen Ort neu zu denken. Statt eines klobigen Relikts der 70er Jahre könnte hier ein offenes, modernes Stadtquartier entstehen, das Kreuzberg gerecht wird – und endlich den Namen „Zentrum“ verdient.