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Autobahnüberbauung Schlangenbader Straße

Die Autobahnüberbauung Schlangenbader Straße, besser bekannt als die „Schlange“, zählt zu den umstrittensten Bauprojekten West- Berlins. Der gigantische Wohnkomplex, der direkt über einer Autobahntrasse errichtet wurde, ist ein drastisches Beispiel für die fragwürdige Architektur der 1970er Jahre. Schon vor der Fertigstellung sorgte das Projekt für massive Kritik. Der damalige Regierende Bürgermeister Richard von Weizsäcker brachte es treffend auf den Punkt: „Wenn der Teufel dieser Stadt etwas Böses antun will, lässt er noch einmal so etwas wie die ‚Schlange‘ bauen.“

Entstanden ist die „Schlange“ aus der Not heraus: In einer Zeit, in der dringend Wohnraum benötigt wurde, versuchten Stadtplaner, innerstädtische Verdichtung mit Verkehrsinfrastruktur zu kombinieren. Das Ergebnis: 1.064 Wohnungen, gestapelt auf 600 Meter Länge direkt über einer sechsspurigen Autobahn – ein Experiment, das den Lebenswert seiner Bewohner stark beeinträchtigt.

Schon in den 1980er Jahren zeigten sich erste Probleme: Lärmbelastung, schlechte Luftqualität und soziale Isolation machten die Wohnsituation schwierig. Kriminalität und Verwahrlosung nahmen zu, das Wohnumfeld verschlechterte sich. Erst in den 1990er Jahren konnte durch massive Sicherheitsmaßnahmen, darunter Wachschutz und modernisierte Überwachungstechnik, gegengesteuert werden – ein Zeichen dafür, dass das Konzept von Anfang an problematisch war.

Trotz all dieser Mängel wurde die „Schlange“ 2017 unter Denkmalschutz gestellt. 2023 wurde zudem der darunterliegende Autobahntunnel wegen Brandschutzmängeln gesperrt. Die geplante Sanierung wird sich voraussichtlich bis 2029 hinziehen. Diese umfangreichen Baumaßnahmen könnten jedoch eine Chance bieten, nicht nur den Tunnel zu erneuern, sondern das gesamte Areal radikal zu überdenken.

Die „Schlange“ ist mehr als nur ein Baudenkmal – sie ist ein Mahnmal für eine fehlgeleitete Stadtplanung, die Menschen und Verkehr auf engstem Raum zusammenzwängte, ohne auf Lebensqualität zu achten. Ihr Abriss würde Raum für eine bessere, menschlichere Gestaltung des Quartiers schaffen.